Exakte Definitionen und Beweise

Definition: Ein -periodischer Bewegungsvorgang () der euklidischen Ebene ist eine Abbildung in die Gruppe der Isometrien von mit und für alle . Wie in der Differentialgeometrie üblich kann man mit einer differenzierbaren Struktur versehen und verlangt dann üblicherweise, dass die Abbildung (mindestens einmal) stetig differenzierbar ist. (Als Folge davon sind alle Isometrien orientierungstreu.) Im Folgenden wird die euklidische Ebene vereinfachend mit (versehen mit dem Standard-Skalarprodukt und der Standard-Orientierung) identifiziert. Durch die Vorgabe zweier -periodischer, stetig differenzierbarer Abbildungen und wird ein -periodischer Bewegungsvorgang der Ebene wie folgt definiert: Für jedes bildet ein begleitendes Koordinatensystem (wobei die Drehung um gegen den Uhrzeigersinn bezeichnet). Die Isometrie wird dann dadurch definiert, dass sie einen beliebigen Punkt mit der eindeutigen Darstellung mit auf den Punkt mit abbildet. Insebesondere wird also die Gerade punktweise auf die Gerade abgebildet. Der Orbit eines einzelnen Geradenpunktes kann somit durch die -periodische, stetig differenzierbare Abbildung beschrieben werden. Speziell ist der Orbit des Punktes . Aus der Differentialgeometrie übernehmen wir für den von einem solchen Orbit umrandeten orientierten Flächeninhalt die Formel (zur Herleitung vgl. das Applet "Berechnung des orientierten Flächeninhalts"). Damit lässt sich der folgende Satz formulieren und beweisen: Satz: Der orientierte Flächeninhalt der vom Orbit umrandeten Fläche hängt (höchstens) quadratisch vom Parameter ab. Der Leitkoeffizient der so definierten (höchstens) quadratischen Funktion ist ein ganzzahliges Vielfaches von . Beweis: Es gilt wegen der Bilinearität der Determinante:  Dabei ist der vom Einheitsvektor während einer Periode überstrichene orientierte Flächeninhalt, was wegen nur ein ganzzahliges Vielfaches der Einheitskreisfläche sein kann, also . Die Zahl wird als Umlaufzahl des periodischen Bewegungsvorgangs bezeichnet. Weiter ist und schließlich , was (wenig überraschend) der vom Orbit des Punktes umlaufene orientierte Flächeninhalt ist. Satz von Holditch (modifiziert): Sei (die Länge der Sehne in der Originalversion) und seien und zwei -periodische, beliebig oft differenzierbare Wege in (die Orbits der beiden Endpunkte der Sehne) mit , also für alle . Der Orbit eines beliebigen Punktes der durch und verlaufenden Geraden kann durch beschrieben werden. Insbesondere ist . Sei weiter wie oben die Funktion, die dem Parameter den zugehörigen orientierten Flächeninhalt zuordnet, und sei . (Hier geht entscheidend ein, dass die Endpunkte der Sehne dieselbe Randkurve durchlaufen, deren Gestalt aber keine Rolle spielt!) Dann gilt:



wobei die Umlaufzahl des durch und definierten periodischen Bewegungsvorgangs ist. Bei einer einfach geschlossenen Randkurve, die im positiven Sinn umlaufen wird, ist , und die Differenz auf der linken Seite kann als Inhalt der Ringfläche zwischen der Randurve und dem Orbit interpretiert werden. Dies ergibt den Satz von Holditch in der ursprünglichen Form. Beweis: 1. Fall: (dies ist z.B. der Fall, wenn die Sehne entlang einer Lemniskate geführt wird). Dann ist und die Funktion linear mit zwei gleichen Funktionswerten, also konstant. Somit . 2. Fall: . Dann ist eine quadratische Funktion mit Scheitelpunkt bei , also . Mit folgt . Zusatzbemerkung: In der ursprünglichen Holditch-Situation (mit ) entsteht im Falle oder eine "Ringfläche", die ganz oder überwiegend außerhalb der vorgegebenen Randkurve liegt und daher einen negativen orientierten Flächeninhalt hat. Dieser kann betraglich mit bzw. jeden Wert annehmen. Ist die Länge der Sehne ganzzahlig, so ist der Flächeninhalt der außen liegenden Ringfläche genau dann betraglich gleich , wenn bzw. die reelle Zahl mit der periodischen Kettenbruchdarstellung ist. Speziell für ist dies der goldene Schnitt. Exkurs: "Holditch-Durchlaufung" eines Winkels Seien (die Sehnenlänge) und vorgegeben. Die Halbgeraden ("P-Schenkel" = negative x-Achse) und ("Q-Schenkel", in der oberen Halbebene) bilden einen Winkel mit dem Scheitelpunkt im Ursprung und mit dem Nebenwinkel . Sei . Die Abbildungen, und , sind geeignete Parametrisierungen für die Bewegungen der Endpunkte und einer starren Sehne auf den entsprechenden Schenkeln mit der Anfangslage , und der Endlage , , da und damit für alle . Die Bahnkurve eines beliebigen Punktes auf der Geraden durch und kann vektoriell beschrieben werden durch , wobei und (= die Matrix der linearen Abbildung aus dem Applet zu diesem Thema) ist. Der Vektor überstreicht bei der Durchlaufung des Parameterintervalls den orientierten Flächeninhalt mit . Anmerkung: Die gleiche Winkeldurchlaufung findet beim schiefen Ellipsenzirkel im Applet "Orbit Variationen" statt. Dazu setzt man dort das Häkchen bei "Ellipsenzirkel", den Parameter auf und den Parameter auf . Der oben beschriebene Winkel wird dort im Zeitintervall von bis durchlaufen. Dabei ist dort und . Die Umparametrisierung bildet das Intervall bijektiv auf ab und es ergibt sich mit nach ein paar trigonometrischen Umformungen exakt dieselbe Parametrisierung des Ellipsenbogens wie oben. Satz (gewichtetes Mittel bei quadratischen Funktionen): Sei . Seien und . Seien mit , seien , , , und schließlich . Dann gilt: (1) (2) oder kurz . Beweis: Es gilt das Hebelgesetz , also . Multiplikation mit ergibt (1). Bekanntlich gilt für die lineare Funktion die Verhältnistreue oder Mittelwerttreue . Daher muss in der Differenz auf der linken Seite von (2) nur der rein quadratische Anteil von berücksichtigt werden. Es gilt: (Anmerkung: Es handelt sich hierbei i.W. um einen Spezialfall der aus der Statistik bekannten Regel "mittlere quadratische Abweichung vom Mittelwert (Varianz) = Mittelwert der Quadrate minus Quadrat des Mittelwerts", die für Mittelwert und Varianz von beliebig vielen Größen gilt und analog bewiesen wird.) Zusammen mit (1) folgt hieraus auch die erste Gleichung von (2). Verallgemeinerter Satz von Holditch (Woolhouse und andere, 1858): Seien , und drei Punkte auf einem starren Stab (), der einem ebenen periodischen Bewegungsvorgang mit der Umlaufzahl unterworfen wird, seien , und die orientierten Flächeninhalte der von ihren Orbits umlaufenen Flächen und sei mit . Dann gilt: . Beweis: Seien bzw. die Orbits von bzw. , sei mit , sei ferner . Dann ist der Orbit von . Sei die quadratische Funktion, die jedem Parameter den von umlaufenen orientierten Flächeninhalt zuordnet, also und , , . Die Anwendung des obigen Satzes mit und liefert die Behauptung, Der ursprüngliche Satz von Holditch folgt aus dem Spezialfall und .
Der Satz von Woolhouse W.S.B. Woolhouse, The Lady's And Gentleman's Diary (1859), 89 Sei ein -periodischer Bewegungsvorgang der euklidischen Ebene mit der Umlaufzahl . Seien und mit . (Falls alle sind, können diese als relative Massen einer diskreten Massenverteilung in den Punkten interpretiert werden, jedoch sind hier auch negative zulässig.) Sei (der Schwerpunkt dieser Massenverteilung). Für einen beliebigen Punkt sei der orientierte Flächeninhalt der vom Orbit von umlaufenen Fläche. Statt schreiben wir auch kurz . Dann gilt: . Beweis (vollständige Induktion über ): Für gilt nach dem verallgemeinerten Satz von Holditch (mit entsprechend angepassten Bezeichnungen) (*) Andererseits gilt in vektorieller Schreibweise , und analog , und somit , was aber wegen dasselbe ist wie . Damit ist die Gleichung (*) zur Behauptung für äquivalent. Sei nun , und gelte die Behauptung für Punkte. Zu zeigen ist, dass sie dann auch für Punkte zutrifft. Seien daher und mit . Sei der Schwerpunkt dieser Massenverteilung. Da ist, muss mindestens eins der ungleich 1 sein. O.B.d.A. gelte dies für . Setze und für . Dann erfüllen und die Voraussetzungen des Satzes für Punkte, so dass mit gilt: . Ferner erfüllen und die Voraussetzung des Satzes für , und es ist . Daher gilt: Nun ist für und daher Damit ergibt sich schließlich , was zu zeigen war. Weiterführende Literatur: Peter Dombrowski, Wege in euklidischen Ebenen - Kinematik der Speziellen Relativitätstheorie, Springer 1999