Erläuterungen zum didaktischen Szenario

Die Begründung für die Wahl des Themas sowie dieses Ansatzes finden sich in den nachfolgenden Punkten:

Lehrplanbezug

Im Volksschullehrplan wird das Thema Symmetrie noch nicht aufgegriffen (vgl. Rechtsinformationssystem des Bundes, 2023). Dementsprechend kommen die Schüler:innen erstmals in der Sekundarstufe 1 mit der Thematik in Kontakt.  Gemäß des neuen Lehrplans, der ab Schuljahr 2023/24 in Kraft treten wird, findet sich das Thema Symmetrie in der 2. Klasse im Kompetenzbereich 3 „Figuren und Körpern“. Die exakte Formulierung lautet „Die Schüler*innen können achsensymmetrische Figuren sowie zueinander kongruente Figuren erkennen, konstruieren und ihre Eigenschaften nutzen“ 
  • Überprüfen, ob eine Figur achsensymmetrisch ist
  • Überprüfen, ob zwei Figuren zueinander kongruent sind (durch Übereinanderlegen, durch Messen aller Längen und Winkel sowie allenfalls durch Anwenden geometrischer Sätze)
  • Konstruieren zueinander kongruenter Figuren 
  • Kennen der Eigenschaften, Konstruieren und Anwenden von Strecken- und Winkelsymmetralen
(Universität Wien, Lehrplan Sekundarstufe 1, 2022)Für diese Planung ist dabei der erste Punkt, das Überprüfen einer vorliegenden Symmetrie, von Bedeutung. Die Planung dieser Outdoor-Einheit zum Thema Symmetrie erfüllt auch lehrplanübergreifende und allgemein didaktische Aspekte. Unter den allgemeinen Grundsätzen des Mathematikunterrichts wird im Lehrplan betont, dass Mathematik dazu beitragen soll, die Erscheinungen der Welt wahrzunehmen. Durch Verknüpfung des Themas Symmetrie mit symmetrischen Objekten aus der Lebenswelt bzw. Umwelt der Schüler:innen, wird gerade dieser Aspekt hervorgegriffen. Weiters sollte gemäß des Lehrplans Lernen im Mathematikunterricht als „Prozess, in dem sie selbst involviert sind“ stattfinden. Auch dieser Aspekt wird in der Planung berücksichtigt, indem das Thema Symmetrie durch konkrete Handlungen der Schüler:innen selbst  eingeführt wird. Weiters trägt diese Planung auch dazu bei, dass die „Eigenständigkeit und Selbsttätigkeit der Schüler:innen“ gefördert wird (vgl. Universität Wien, Lehrplan Sekundarstufe 1, 2022).

Didaktische Prinzipien

Operatives Prinzip Ein wichtiges didaktisches Prinzip des Mathematikunterrichts stellt das operative Prinzip dar, das auch als das Prinzip des aktiven Lernens bezeichnet wird. Dieses Prinzip geht davon aus, dass die Instruktionen der Lehrkräfte wirkungslos sind, wenn keine aktive Konstruktion durch die Schüler:innen geschieht. Um ein aktives Lernen der Schüler:innen zu erreichen, kann es hilfreich sein, greifbares Material im Unterricht zu verwenden, interessante und an die Lebenswelt der Lernenden anknüpfende Inhalte zu wählen, Problemaufgaben zu behandeln, verschiedene Sozialformen einzubinden und spielerische Sequenzen und Wettbewerbe in das Unterrichtsgeschehen zu integrieren (vgl. Kronfellner, o.E.). In dieser Planung wird versucht, Elemente einzubinden, die dem operativen Prinzip entsprechen. Einerseits werden symmetrische Objekte in der Lebens- bzw. Alltagswelt der Schüler:innen gesucht und thematisiert, andererseits werden in dieser geplanten Sequenz Handlungsaktivitäten der Schüler:innen eingebunden. Damit soll eine aktive Eingebundenheit der Lernenden gesichert werden. EIS-Prinzip nach Brunner Das EIS-Prinzip nach Bruner besagt, dass ein mathematischer Sachverhalt auf folgende drei Arten dargestellt werden kann:
  • Enaktiv: durch eine Handlung, angreifen
  • Ikonisch: bildlich, durch eine Darstellung oder Abbildung
  • Symbolisch: verbal oder durch Formeln
Dem EIS-Prinzip zu Folge, soll ein mathematischer Sachverhalt in möglichst allen drei Darstellungsebenen dargestellt und behandelt werden. Durch ein Verknüpfen und Wechseln der verschiedenen Darstellungsformen, kann der Sachverhalt besser begriffen und in das Wissenskonzept der Lernenden integriert werden. Der Sachverhalt wird mit mehreren Kontexten verknüpft, wodurch Lernen bedeutungsvoller wird (vgl. Hafenbrak, 2004). Auch das EIS-Prinzip nach Bruner wird in dieser Planung verwirklicht, wobei in der Einführungsphase ein starker Fokus auf der enaktiven und ikonischen Ebene liegt. Die enaktive Ebene ergibt sich dadurch, dass die Schüler:innen selbst symmetrische Figuren darstellen und Eigenschaften symmetrischer Objekte durch Bewegungen bzw. Handlungen zeigen. Durch das Vervollständigen symmetrischer Figuren mit den Straßenmalkreiden bzw. das Betrachten symmetrischer Figuren, dargestellt durch Mitschüler:innen, wird auch die ikonische Ebene aufgegriffen. Die Verknüpfung zur symbolischen Ebene soll in der darauffolgenden Einheit durch die schriftliche Ergebnissicherung im Heft geschehen.  Ko-Konstruktives Lernen durch soziale Interaktion Ein weiterer Grund, warum dieses didaktische Szenario gewählt wurde liegt darin, dass vor allem die soziale Interaktion (Gruppenarbeit) dazu beitragen kann, dass Schüler:innen für mathematische Themen motiviert werden. Nach Piaget sind für nachhaltiges Lernen und Denken eine soziale Umgebung notwendig, in der soziale Interaktionen und intellektuelle Aktivitäten eingebunden sind. Durch diese Kommunikation und Diskussion über Mathematik mit den Mitschüler:innen kommt es zu so genannten ko-konstruktiven Prozessen, in denen vor allem auftretende kognitive Konflikte ein besseres und vertieftes Verständnis fördern können. Zudem können in sozialen Interaktionen Inhalte vertieft werden und unterschiedliche Sichtweisen und Interpretationen wahrgenommen werden. Genauso bewirkt die soziale Interaktion auch einen gewissen Gemeinschaftsgedanke, als Gruppe etwas schaffen zu können. Dabei sollte jedes Mitglied seinen Beitrag leisten und schlussendlich ein Ergebnis ersichtlich sein. Soziale Interaktionen fördern weiters, dass sich die Schüler:innen selbstständig unterstützen können. So kann beim Erklären einerseits überprüft werden, ob das mathematische Thema wirklich verstanden wurde. Andererseits haben Schüler:innen die Chance, verschiedene Erklärungen wahrzunehmen (vgl. Lambrich, 2015). Unsere geplante Sequenz baut nun ausschließlich auf soziale Interaktionen und Prozesse, entweder in der Großgruppe oder in der Kleingruppe. Gemäß dem oben angeführten theoretischen Hintergrund besteht das Ziel darin, dass die Schüler:innen gemeinsam das mathematische Thema “Symmetrie” erarbeiten. Dazu sind Kommunikation und Diskussion über diese Thematik notwendig, welche wiederum verschiedene Sichtweisen und Denkweisen aufzeigen und das Verständnis vertiefen können. Gleichzeitig eröffnet sich die Möglichkeit, dass sich die Schüler:innen gegenseitig unterstützen.

Outdoor-Mathematik

“Das Buch der Natur ist in der Sprache der Mathematik geschrieben.”                           Galileo Galilei               

Eine Outdoor-Mathematikstunde stellt für die Schüler:innen eine wichtige Lerngelegenheit dar, da die Sachkontexte aus der Lebenswelt der Kinder stammen. Die Ergebnisse sind dabei nicht alle “glatt” oder “schön”, sondern regen auch zum Nachdenken und Diskutieren an. Auch die Methoden zum Lösen sind nicht von vornherein bekannt. Das trägt wesentlich zum Modellieren im Mathematikunterricht bei, eine Kompetenz, die im Lehrplan steht. Zusätzlich bietet sich der Outdoor-Unterricht für eine fächerübergreifende Vernetzung des Wissens oder einen fächerübergreifenden Unterricht an (Kleine, Ludwig & Schelldorfer, 2012). Durch die vielen Sinne, die bei einer Outdoor-Stunde angesprochen werden, wird das Gelernte besser gespeichert bzw. verarbeitet. Besonders für den anwendungsorientierten Mathematikunterricht bietet die Lernumgebung außerhalb des Klassenzimmers einen großen Vorteil. Die Kinder verknüpfen dabei  Mathematik mit ihrer eigenen Lebensrealität. Mathematische Fragen ergeben sich aus den Begegnungen mit einem Objekt und sind nicht schon im Vorfeld vorgegeben. Dabei wird das Argumentieren und Begründen geübt. Zu den mathematischen Kompetenzen, die die Schüler:innen erwerben, werden auch Themen, wie die biologische Vielfalt, Nachhaltigkeit und umweltbewusstes Handeln vermittelt (Thiem & Zieschang, 2021).

Bewegung im Mathematikunterricht

Es kann zwischen drei Arten von Bewegung im Unterricht unterschieden werden:
  1. Lernen mit Bewegung
  2. Lernen in Bewegung
  3. Lernen durch Bewegung
Als “Lernen mit Bewegung” werden Bewegungspausen, Freiarbeit und das Stationenlernen verstanden. Das Lernen in Bewegung ist dagegen die zeitliche Inszenierung von Bewegung und Lernen. Ein Beispiel dafür ist das Laufdiktat.Das Lernen durch Bewegung kann zur Förderung von Grundvorstellungen beitragen, wenn die Bewegungen in Zusammenhang mit dem Gelernten treten. Die Bewegungen werden dabei mit der zeitlichen und inhaltlichen Ebene verknüpft. Unter “Lernen durch Bewegung” werden nicht nur Gesten, sondern ganzheitliche Bewegungen verstanden (Radünz & Benölken, 2021) . In unserer geplanten Einheit findet vor allem das Lernen durch Bewegung statt. Die Schüler:innen sollen dadurch die Grundvorstellungen zur Symmetrie am eigenen Körper erfahren. Durch die Verknüpfung des mathematischen Inhalts mit der Bewegung soll ein nachhaltiges Lernen ermöglicht werden.

Warum haben Sie diesen Ansatz gewählt?

Die Frage, warum dieser Ansatz als Zugang zum Thema Symmetrie gewählt wurde, lässt sich zusammenfassend damit beantworten, dass die Schüler:innen durch die aktive Auseinandersetzung mit dem Thema auf mehreren Ebenen laut dem operativen und dem EIS-Prinzip einen Mehrwert erleben. Die Lernenden sollen durch die geplante Einheit Symmetrie “be-greifen” was zu einem nachhaltigen Kompetenzerwerb führt. Zusätzlich bietet der Outdoor-Mathematikunterricht eine Abwechslung gegenüber dem Klassenraum, was wiederum die Motivation der Schüler:innen fördert.

Warum lohnt es sich, dieses Szenario durchzuführen?

Weiters lohnt es sich, dieses Szenario durchzuführen, um lehrplanübergreifende Ziele, wie die soziale Interaktion, anzusprechen und Motivation und Interesse für das Fach Mathematik bei den Schüler:innen zu wecken. Darüber hinaus erfahren die Schüler:innen durch den Lebensweltbezug die Wichtigkeit von Mathematik in der Realität.

Mehrwert gegenüber dem Unterricht im Klassenraum

Dieses hier vorgestellte Szenario zeichnet sich dadurch aus, dass es Outdoor, also außerhalb des Klassenzimmers durchgeführt wird. Das stellt eine Abwechslung zum herkömmlichen Unterricht dar und motiviert somit die Schüler:innen. Gleichzeitig wird auf diese Weise der Realitätsbezug bzw. Alltagsbezug gestärkt, indem die Schüler:innen symmetrische Objekte in ihrer Lebenswelt suchen und analysieren. Besonders wertvoll erweist sich auch die Verknüpfung des mathematischen Inhaltes mit Bewegungen und der damit verbundenen aktiven Integration aller Schüler:innen. Dadurch werden diese stark in das Unterrichtsgeschehen integriert, wodurch auch ein selbstständiges Lernen möglich wird. Zusammengefasst ermöglicht dieses geplante Szenario ein lernförderliches Unterrichtsklima, eine Methodenvariation, eine Schülerorientierung und Aktivierung, wie es auch die Kriterien guten Unterrichts nach Helmke beschreiben (vgl. BRN, 2023).

Quellen

BRN (Bayerisches Realschulnetz) (2023). Merkmale guten Unterrichts. URL: https://www.realschulebayern.de/seminarstudium/einsatzschulen/leitfaden-betreuungslehrkraefte/2-betreuungslehrkraft/24-unterricht-und-unterrichtsbeobachtung/241-merkmale-guten-unterrichts/ Hafenbrak, B. (2004): 4 Didaktische Prinzipien des Mathematikunterrichts. PH-OÖ. URL: https://ph-ooe.at/fileadmin/Daten_PHOOE/EIS/Erstes_Programmieren/Did06_04_36_.pdf  Kleine, M., Ludwig, M. & Schelldorfer, R. (2012). Mathematik draußen machen - Outdoor Mathematics. FIZ Karlsruhe - Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur, 47(54), S. 2-8. https://pub.uni-bielefeld.de/publication/2902707  Kronfellner, M. (o.E.). Fachdidaktik Mathematik. URL (23.03.2023): https://homepage.univie.ac.at/christian.schmeiser/Aspekte-Fachdidaktik.pdf  Lambrich, H. J. (2015). Soziale Dimensionen des Lernens. Zur Kultur des Klassenzimmers. In Blömer, D. et al.: Perspektiven auf inklusive Bildung. Gemeinsam anders lehren und lernen. (279-284). Wiesbaden: Springer VS. Radünz, L. & Benölken, R. (2021). Mathematische Grundvorstellungen durch Bewegungen aufbauen: Potenziale bewegten Lernens aufgezeigt am Beispiel von Bewegungen auf dem „Zahlenteppich“ zur Förderung des Stellenwertverständnisses. Zeitschrift für Konzepte und Arbeitsmaterialien für Lehrer*innenbildung und Unterricht, 3(1), 40–54. https://doi.org/10.11576/dimawe-4556 Rechtsinformationssystem des Bundes, (2023). Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Lehrpläne der Volksschule und der Sonderschulen, Fassung vom 24.05.2023. URL: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10009275 Thiem, K. & Zieschang, D. (2021). Mathe in und mit der Natur - Mathematik draußen lernen. Uni im Grünen e.V. Universität Wien (2022). Lehrplan Sekundarstufe 1. Download unter https://bgm.univie.ac.at/lp-sekundarstufe-1/